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Wieso wir uns vom "Orgasmusdruck" nicht verrückt machen lassen sollten.
In einem Artikel des JOYclub-Magazins schrieb ich vor einiger Zeit folgenden Absatz – und möchte dazu auch noch einmal auf meinem eigenen Blog das Wort ergreifen: "Und? Bist du gekommen?" Nichts nervt mich beim Sex mehr als dieser Satz. Außer vielleicht Socken. Häufig kommen Menschen mit Uterus [Anm. d. R. im alten Artikel ist noch von "Frauen" die Rede] beim Sex nicht zum Orgasmus, meistens zumindest. Doch das muss kein großes Problem sein, zu dem es immer stigmatisiert wird.
Sex ist trotzdem toll, aufregend, atem(be)raubend. Da liegst du in deinem post-coitus bliss im Bett und möchtest dich nur an den Menschen schmiegen, der dir diese tollen Gefühle beschert hat - und bekommst stattdessen so eine Frage an den Kopf geworfen.
Antwortest du mit "Nein." fangen beim Gegenüber die Rädchen an zu rattern. Es folgen unweigerlich weitere Fragen: "Lag es an mir? War ich nicht gut? Stimmt etwas bei dir nicht?". Wenn sie nicht laut gestellt werden, merkt man zumindest an der anhaltenden Stille, dass es innerlich arbeitet.
Antwortest du mit "Ja." hast du zwar Ruhe, aber dem Gegenüber ein falsche Bild vermittelt. Und musst dich dem selben "Problem" spätestens beim nächsten Mal erneut stellen. Was also tun?
Woher kommt Orgasmusdruck?
Schaut man in Literatur und Film wird der Orgasmus als DAS ultimative Ziel der sexuellen Vereinigung gesehen. Er wird mit allerlei blumigen Worten umschrieben: von Fontänen des Glücks, explodierendem Feuerwerk der Lust und sogar von einem alles blendenden, weißen Licht ist die Rede.
Es gibt sicherlich Menschen, die beim Sex genau zu so einem Orgasmus kommen. Und das ist wunderbar! Aber es gibt ebenso viele Menschen (vor allem Menschen mit Uterus), die beim Sex eben nicht zum Orgasmus kommen. Zumindest nicht allein durch Penetration. Sie brauchen eine zusätzliche Stimulation (zum Beispiel der Klitoris) – durch die:den Sexpartner:in, ein Toy oder sich selbst. Und auch dann ist es noch kein Garant dafür, dass sich der Orgasmus auch einstellt..
Ich zähle mich übrigens auch dazu. Während ich mich mit meiner "Orgasmuslosigkeit" beim Sex sehr gut angefreundet habe und es für mich überhaupt kein Problem ist, merke ich rückblickend schon, dass ich bei meinen Sex-Partnern ziemliche Überzeugungsarbeit leisten musste. Es scheint bei dem Großteil der Menschen mit Penis im Kopf verankert zu sein, dass sie es im Bett nur bringen, wenn sie dich/mich/alle anderen zum Orgasmus bringen. Schade eigentlich. Schließlich gibt es doch so viel mehr, was beim Sex Spaß macht.
Doch das vergessen wir und denken nur noch an das EINE Ziel: den Orgasmus. Und was machen wir, wenn wir das Ziel nicht erreichen? Entweder brechen wir ab – oder wir täuschen vor.
Orgasmus vortäuschen?
Hast du schon mal einen Orgasmus vorgetäuscht? Um den Sex endlich zu Ende zu bringen oder um das Ego deines Gegenübers nicht zu verletzen? Ich schon. Vor allem zu Beginn meiner sexuellen Phase im Teenageralter. Schließlich wollte ich nicht, dass der jeweilige Sex-Partner denkt, er wäre schlecht im Bett – oder noch schlimmer, dass mit mir etwas nicht "in Ordnung" ist!
Mit den Jahren bin ich wesentlich entspannter und offener geworden. Bei meinen späteren Beziehungen machte ich direkt am Anfang klar: "Ich habe super selten Orgasmen beim reinen Sex, eigentlich nie. Das ist okay für mich, ja wirklich, und jetzt hör auf, wie ein Auto zu gucken!" Bye bye, kein Vortäuschen mehr!
Für den Artikel im JOYclub habe ich damals auch eine Umfrage von 5.000 Menschen mit Penis ausgewertet. Und Surprise: Während 71 % der Befragten sich denken können, dass der Orgasmus vorgetäuscht wird, um das Ego nicht zu verletzten, hätten nur 25 % tatsächlich ein (Ego-)Problem damit, wenn es keinen Orgasmus für das Gegenüber beim Sex gibt.
Und wo wir gerade dabei sind: Bei Gesprächen im Freund:innenkreis stellte sich schnell heraus – auch Menschen mit Penis machen sich Orgamusdruck, wenn vielleicht auch auf andere Weise.
"Wenn ich das erste mal mit einer Dame im Bett lande, ist da diese krasse Performance-Angst. Stell dir nur mal vor, die hat keinen Orgasmus beim Sex? Was denkt sie denn dann von mir? Manchmal vergesse ich vor lauter Angst meinen eigenen Orgasmus."
Was lernen wir daraus: Mehr Kommunikation würde (auch im Bett) so einiges einfacher machen...
Und was kann man nun tun?
Um sich vom Orgasmusdruck zu lösen, gibt es viele Wege. Der beste und simpelste Weg ist sicherlich die ...
- Kommunikation
Sag zukünftigen Sex-Partner:innen, wie du gerne beim Sex angefasst werden möchtest. Welche Stellungen dir am meisten gefallen, dass du ein Toy brauchst, um zum Orgasmus zu kommen – vielleicht masturbiert ihr sogar gemeinsam, um das zu entdecken. Schließlich hilft die Studie am lebenden Objekt oft mehr als jede blumige Beschreibung. Sag, dass du beim Sex nicht zum Orgasmus kommst. Und das das nicht schlimm ist.
Das selbe gilt übrigens auch für dich ganz persönlich: Sag dir selbst, dass es okay ist, nicht zu kommen. Dass der Sex kein Spiel ist, dass du gewinnen musst, sondern ein Spiel, dass dir Spaß machen soll! Denn: Solange der Sex dir macht, du die Nähe zu deinem Gegenüber genießt, dich wohl fühlst und fallen lassen kannst, ist es vollkommen egal, ob am Ende ein Orgasmus steht – oder eben nicht.
Kommunikation hilft übrigens auch, wenn du sonst eigentlich immer zum Orgasmus kommst, aber merkst, dass es heute einfach nichts mehr wird. Statt was vorzutäuschen (wir haben ja eben gelernt, das ist ganz schlecht!), einfach ansprechen.
- Orgasmus-Training
Wenn du trotz dieses ganzen Textes jetzt gerne eine "handfeste" Möglichkeit haben möchtest, beim Sex einen Orgasmus zu haben, kannst du dich mit dem Thema Beckenboden-Training auseinandersetzten. Ich habe zum Beispiel vor zwei Jahren im Rahmen meines Jobs einen Intimfitness-Kurs mitgemacht. Am Ende hatte ich zwar trotzdem keine rein vaginalen Orgasmen beim Sex – aber ich habe alles in allem mehr gespürt. Und es war eine tolle Erfahrung, sich selbst und den Körper besser kennenzulernen!
Noch ein paar mehr Tipps habe ich in diesem Video für den Kanal "ohja!" gesammelt. Wer interessiert ist, schaut gerne rein:
Damit bleibt mir nicht mehr viel zu sagen, was mein digitales Selbst nicht schon erwähnt hat. Passt auf euch auf! ♥
Disclaimer: Im Zuge meiner Arbeit für den JOYclub & ohja! habe ich in den letzten Jahren viele Themen rund um Sex & Erotik aufgearbeitet. Dabei habe ich mir zu vielen Themen eine eigene Meinung gebildet, die ich gerne auf meinem Blog mit euch teilen möchte. Um meine Beiträge so informativ wie möglich zu gestalten, spicke ich sie mit Links, Videos und anderen Dingen, die ich in meinem Job ausgearbeitet habe. Ich werde für diesen Blogbeitrag hier in keinster Weise bezahlt.
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